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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 192

1911 - Erfurt : Keyser
— 192 — 67. Proklamation1) des Königs Friedrich Wilhelm Iii. an die Bewohner Erfurts nach dem Frieden von Ciliif. „An die Bewohner der Provinzen und Gebiete: Altmark. . Erfurt usw. Ihr kennt, liebe Bewohner treuer Provinzen, Gebiete und Städte, meine Gesinnungen und die Begebenheiten des letzten Jahres. Meine Waffen erlagen dem Unglück, die Anstrengungen des letzten Restes meiner Armee waren vergeblich. Zurückgedrängt an die äußerste Grenze des Reiches, und nachdem mein mächtiger Bundesgenosse selbst zu Waffenstillstand und Frieden sich genötigt fühlt, blieb mir nichts übrig, als dem Lande Ruhe nach der Not des Kriegs zu wünschen. Der Friede mußte, so wie ihn die Umstände vorschrieben, abgeschlossen werden; er legt mir und meinem Hause, er legt dem Lande selbst die schmerzlichsten Opfer aus. Was Jahrhunderte und biedre Vorfahren, was Verträge, was Liebe und Vertrauen verbunden halten, mußte getrennt werden. Meine und der Meinigen Bemühungen waren vergeblich, fruchtlos! Das Schicksal gebietet. Der Vater scheidet von den Kindern! Ich entlasse Euch aller Untertanenpflichten gegen mich und mein Haus. Unsere heißesten Wünsche für Euer Wohl begleiten Euch zu Eurem neuen Landesherrn! Seid ihm, was ihr mir wäret. Euer Andenken kann kein Schicksal, keine Macht aus meinem und der Meinigen Herzen vertilgen. Memel, den 24sten Jul. 1807. Friedrich Wilhelm." 68. Der Erfurter Ffirffenkongrefj. a) Ankunft der Kaiser zur Fürltenverfammlung in Erfurt. Vorbereitungen zum Empfang Napoleons: Napoleon hatte Erfurt zu dem Orte erwählt, an dem er sich mit den Mächtigsten der Erde zu einer Besprechung vereinigen wollte. Darum trafen schon einige Wochen vor ibm seine Beauftragten in der Stadt ein, um alles für seinen Empfang und den seiner erlauch teu Gäste vorzubereiten. Marschall Ondinot, der als Gouverneur nach Erfurt gekommen war, ließ die ansehnlichsten Häuser der Stadt in Beschlag nehmen und an den Türen mit „Maison del’empereur“ bezeichnen. Auch die Bürger selbst trafen verfchiedentliche Vorbereitungen zum Empfange des Kaisers. So wurden drei Ehrenpforten an der Grenze des Erfurter Gebietes, bei Gamstädt, vor dem Brühlertor und auf dem Anger, errichtet, und eben sollte an sie die letzte Hand gelegt werden, als der kaiserliche Befehl kam, alle kostspieligen Veranstaltungen bei seinem Einzug zu unterlassen. Nun blieb den Bürgern nichts anderes übrig, als sie wieder l) Wurde am 30. September 1807 bekannt gemacht.

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 195

1911 - Erfurt : Keyser
— 195 — parentgemälden hatte schmücken lassen. Sie stellten die Schönheit, Weisheit und Stärke dar. Die Stärke verkörperte ein edler, kraft- voller Jüngling in römischer Rüstung, der aus einem Löwen sah und eine Säule von blauem Jaspis (Edelstein) in der Hand hielt. Einige Züge des Gesichtes waren Napoleon ähnlich. Aus dem dreieckigen Gielielselde leuchtete Frankreichs Adler hervor. Alle Linien des Gebäudes waren durch mehrere Tausend Lampen erleuchtet, deren Glanz den weilen Platz mit Tageshelle erleuchtete. Unter dem Dache prangte die Inschrift: Magnitudo illius stabilis, quem omnes supra se et pro se noscunt. In freier Uebersetzung: „Unerschütterlich ist die Größe desjenigen, den alle als ihren Herrn und Beschützer anerkennen." Neben dieser Inschrift gab es noch viele andere, welche Verehrung und Unterwürfigkeit in hochtönenden Worten zum Ausdruck brachten. Hin und wieder hatte es aber ein Ersurter Bürger auch gewagt, seinem Mißmut freien Lauf zu lassen. So hatte ein Obsthändler den köstlichen Einsall gehabt, ein von Lampen gebildetes, riesiges „Ach!" an seinem Hause anzubringen. Eine recht zweideutige Inschrift! Doch der Mann konnte auf eine Anfrage, die man an ihn richtete, die Versicherung geben, daß er durch diesen Ausrus nur seiner Freude über die Anwesenheit des Kaisers habe Ausdruck geben wollen, während er in seinem Innern vielleicht ganz anders dachte. Die Festbeleuchtung sollte nicht ohne einen kleinen Unfall vorübergehen, der leicht bedenklichen Umfang hätte annehmen können. Am Ratskeller auf dem Fischmarkt brannte der mit Lampen erhellte Namenszug des Kaisers ab. Die Flamme wurde zwar rasch gelöscht, sie hatte aber bereits den den Völkern Europas so furchtbaren Namen in Asche verwandelt. Dem Kaiser wurde dies ohne Zweifel verschwiegen; deun bei seiner abergläubischen Beanlagung würde er von dem Vorgänge höchst unangenehm berührt gewesen sein. Anwesende Fürstlichkeiten: Von diesem Tage an füllte sich Erfurt mit einer gewaltigen Zahl von Monarchen, Hofwür-denträgern, Ministern, Generalen und sonstigen vornehmen Personen. Im ganzen weilten damals in Erfurt: 2 Kaiser, 4 Kö- nige, 1 Königin, 1 Großfürst, 1 Fürst-Primas, 17 regierende Fürsten und Fürstinnen, 6 Erbprinzen und Erbprinzessinnen, 1 königlicher Prinz (von Preußen) und 23 andere Prinzen, 34 Grafen, 20 Generale und über 50 Barone und Edelleute, ungerechnet die zahlreichen täglich ab- und zuströmenden, vornehmen Fremden. Aus dem Gefolge des Herzogs von Weimar sind besonders hervorzuheben die Geheimräte von Goethe und Wieland. (Nach Arnold, Beyer u. a.) 13*

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 219

1911 - Erfurt : Keyser
— 219 — Stadl herumzog und unter Trommelschall bekannt machte, daß Paris genommen, der Senat Napoleon abgesetzt und Ludwig Xviii. gehuldigt habe. Durch Kuriere kam die Nachricht, daß Bonaparte gefangen und nach der Insel Elba verwiesen sei mit einer Pension von 6 000 000 Frank. Abends war nochmals große Erleuchtung der (Ztadt. . . . (Nach E. W. Gräuel.) 80. Die Feierndes 1. Gedenktages der Leipziger Völkerschlacht. 1814. Am 15. Oktober wurde das Gedächtnis der ewig denkwürdigen Völkerschlacht bei Leipzig, wo Napoleons Glücksstern erbleichte und die Deutschen ihre Schmach rächten und ihren alten Heldenruhm wieder errangen, hier feierlich begangen. Ein wahres Nationalfest, das mit Recht wie ein heiliges durch ganz Deutschland gefeiert wurde. Die hier in Garnison liegenden 4 Bataillone zogen früh auf den Anger, wo an mehrere Krieger, die sich in der großen Schlacht ausgezeichnet hatten, eiserne Verdienstkreuze ausgeteilt wurden. In der Predigerkirche begann gegen 9 Uhr der feierliche Gottesdienst, der mit allen Glocken eingeläutet wurde. Nach Abfingung eines Lob- und Dankliedes mit musikalischer Begleitung tönte mächtig der prächtige Chor „Fall war sein Los" aus Händels „Judas Makkabäus" vom hohen Chor herab und schwellte die Brust jedes Zuhörers mit dem Gesühl wiedererrungener Freiheit. Auf ihn folgte Mozarts herrliche Kantate „Preis der Gottheit", nach deren Schluß Diakonus Lofsius die Kanzel bestieg und in einer herzlichen Rede die Vorteile schilderte, die Deutschland durch die Schlacht bei Leipzig errang, und zum Dank gegen Gott ermahnte, der die deutschen Waffen fo ausgezeichnet gesegnet. Ein feierliches „Herr Gott, dich loben wir" schloß die gottesdienstliche Feier, der eine große Menschenmenge beiwohnte. Nachmittags wurde die im benachbarten Steigerwalde gelegene, ehemalige Napoleonshöhe durch eine zahlreiche, aus Militär und Bürgern bestehende Versammlung aufs neue eingeweiht und ihr Name in Friedrich Wilhelmshöhe umgewandelt. Zu diesem Zwecke war der Platz mit der von Blumen reich umgebenen Büste des Königs geschmückt worden. Als es dunkel zu werden begann, glühte der Horizont von unzähligen Feuern, die auf allen umliegenden Höhen und Bergen brannten. Es waren ebensoviel Telegraphen, die Deutschlands Jubel von Höhe zu Höhe, von einem Ende zum andern fortpflanzten. Das gothaifche Schloß schimmerte wie ein in den Lüften schwebender Feenpalast aus weiter Ferne. Es war ein feierlicher Anblick. — Plötzlich ertönte der Klang der Maria gloriofa, vereint mit dem Klang aller übrigen Glocken der Stadt, aus dem

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 176

1911 - Erfurt : Keyser
— 176 — borgen und wurde von ihm sehr übel vermerkt. Er erteilte darum den Befehl, die kurfürstlich mainzischen Staaten wie Feindesland zu behandeln. Der rheinische Hauptteil des Mainzer Gebietes lag für diesen Zweck zu weit ab, umso bequemer aber hatten es die preußischen Truppen mit dem Erfurter Land. Von Sachsen aus konnten sie jederzeit und ohne große Mühe ins mainzifche Erfurt einfallen und dadurch den Kurfürsten und seine Untertanen empfindlich strafen. 1. Einmarsch derpreutzen: Am Fronleichnamstage (19. Juni) 1757, an dem alljährlich eine große Prozession in Erfurt abgehalten wird^ erschienen die Preußen zum ersten Male vor den .toren der Stadt. Zu dem Feste war bereits eine ungeheure Zahl Fremder herbeigeströmt. Auch hatte man in allen Straßen, durch welche der feierliche Auszug ging, schon die Altäre errichtet, mit grünen Zweigen besteckt und mit frischem Laub und Blumen überstreut. Da erschienen m der Frühe des Festtages einige Offiziere mit einem Trommler vor dem Krämpfertor und forderten Einlaß. Alles geriet in Aufruhr. Die herrlich geschmückten Altäre wurden wieder abgerissen und der Umzug nur im Dom abgehalten. Die zahlreichen Fremden verließen durch die anderen Tore eiligst die Stadt. Nach einigen Verhandlungen wurde der preußische Offizier Major v. Marwiz eingelassen. Er verlangte, zum Statthalter geführt zu werden. Dort angekommen, erklärte er im Namen des Königs, daß dieser gezwungen wäre, die Lasten des Krieges auf Erfurt zu legen. Zugleich überbrachte er einen Brief feines königlichen Herrn. Der Statthalter verweigerte die Annahme. Da öffnete Major v. Marwiz den Brief und las ibn laut vor. Er enthielt die Bedingungen des Königs. Sie lauteten: Einräumung der Stadt und Entwaffnung und Gefangennahme der kaiserlichen und mainzifchen Besatzung. Hierauf wollte der Statthalter nicht eingehen. Er verlangte die Abfchickung eines Eilboten an den Kurfürsten nach Mainz, damit dieser selbst entscheiden könne. Major v. Marwiz schlug diese Forderung ab. Endlich einigte man sich aus freien Einzug der Truppen in die Stadt und Verbleib der Festung in den Händen der früheren Befatznng. Kurz nach 3 Uhr nachmittags rückte der Vortrab der Preußen ein und wurde bei den Bürgern einquartiert. Am folgenden Tage kam die Hauptmacht nach. Alle Soldaten, weit über 2000, hielten vortreffliche Manneszucht. Die Bürger waren, obwohl mancher vier Mann in feinem Hanfe beherbergte, sehr mit ihnen zufrieden und bewirteten sie mit vielem Vergnügen. Wenige Tage darauf wurde Generalmarfch geschlagen, und nachmittags um 4 Uhr verließen die Preußen mit Sack und Pack die Stadt. Der Marsch ging wieder zum Krämpfertor hinaus. Einige angesehene Bürger aber und zwei der vornehmsten katholischen Geistlichen mußten als Geiseln mitziehen, da die ausgelegte

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 200

1911 - Erfurt : Keyser
— 200 — begonnene Ehrenbezeugung unterbleibt. Es war eben die Zeit von Deutschlands tiefster Erniedrigung. Wenig erbaut von seinen Erlebnissen auf dem Kongreß scheint auch der König Jerome von Westfalen gewesen zu sein, der schon nach sechstägigem Aufenthalte als erster Teilnehmer nach seiner Residenz Kassel zurückreiste. Schluß des Kongresses: Am 14. Oktober, an welchem Tage zwei Jahre früher der von Jena herüberklingende Kanonendonner die Gemüter der Erfurter mit bangen Atmungen erfüllt hatte, endete der Kongreß. Unter großer militärischer Pracht verließ zuerst Kaiser Alexander und dann Napoleon die Stadt. Am nächsten Morgen folgte ihnen der König von Sachsen, dem bei der Abreise militärische Ehren erwiesen wurden wie keinem anderen der anwesenden Könige. Rasch zerstreuten sich die übrigen Kongreßteilnehmer, so rasch, als die verfügbaren Beförderungsmittel es zuließen. Man muß dabei bedenken, daß allein zur Beförderung Napoleons und seines Gesolges, welches in 3 Abteilungen reiste, gegen 900 Postpserde erforderlich waren. Napoleon teilte vor seiner Abreise kostbare Geschenke aus und zeigte auch sonst seine gewohnte Freigebigkeit. So beschenkte er die Obermeister der Böttcherzunft, die am Tage vor seiner Abreise ihren künstlichen Reiftanz vor seiner Wohnung ausgeführt hatte, mit 100 Louisdor. Kaiser Alexander ließ jedem Offizier des französischen Gardebataillons einen Brillantring im Werte von 3000 Frank überreichen. Auch die übrigen Herrscher kargten nicht mit Ehrengeschenken. Bedeutung für Erfurt: Für den gesunkenen Wohlstand der Erfurter Bevölkerung war der Kongreß von günstiger Wirkung. Es floß eine Menge Geld in die Stadt, denn Handel und Wandel blühten. Von weither kamen Kaufleute, um aus dem Zusammenfluß so vieler vornehmer Personen Nutzen zu ziehen. Aus den Dörfern der Umgegend wurden große Mengen von Lebensmitteln in die Stadt gebracht und dort zu guten Preisen verkauft, so daß auch das platte Land seinen Vorteil hatte. Außerdem erließ Napoleon mehrere wohlwollende Verfügungen zu Gunsten Erfurts. Der Stadt überwies er 5000 Frank zur Bestreitung der Einquartierungskosten, 12 000 Frank für die Armen und der Universität eine jährliche Zuwendung von 4000 Fr. ferner verfügte er, daß die Stadt von der Verpflegung der durchmarschierenden und in ihr eingelagerten Truppen fortan befreit bleiben solle. Mit diesen wohlwollenden Verfügungen erging es aber so wie mit vielen anderen Anordnungen des Kaisers, da er sich um ihre Vollstreckung nicht kümmerte. Schon am 5. Dezember traf der Marschall Davoust, Herzog von Auerftädt, in der Stadt ein und schlug mit einem bedeutenden Gefolge für 3 Monate fein Hauptquartier in ihr auf. Damit

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 125

1911 - Erfurt : Keyser
— 125 - lich (f. Vor und nach der Jenaer Schlacht usw., Nr. 66), und Napoleon behielt nach dem Frieden von Tilsit Stadt und Land Erfurt als ein besonderes Gebiet, als „domaine reserve ä l’em-pereur“ für sich und legte sich zu seinen übrigen Titeln noch den eines „Fürsten von Erfurt" bei (f. Proklamation des Königs Friedrich Wilhelm Iii. usw., Nr. 67). 1808 sah Erfurt eine besonders erlauchte Gesellschaft in seinen Mauern. Kaiser Napoleon hielt in der Stadt einen Fürstenkongreß von nie gesehenem Glanze ab. Die Kaiser des Ostens und Westens befestigten in jenen Tagen (27. 9. bis 14. 10. 1808) den in Tilsit geschlossenen Bund und faßten den Plan über die „Teilung der Welt", nach welchem Alexander den Norden und Osten, Napoleon aber die Mitte und den Westen und Süden Europas erhalten sollte (s. Nr. 68a—e). Die Jahre der französischen Herrschaft waren für die Stadt eine ununterbrochene Reihe der schwersten Bedrückungen, hervorgerufen durch zahllose Einquartierungen und schlimme Erpressungen (f. Nr. 69 u. 72). Zwar sahen die Bürger außer der Fürstenversammlung noch andere glänzende Feste. Doch standen die pomphaften Feste des Geburtstages und der Siege des Kaisers in einem schreienden Gegensatz zu dem vollständigen Verfall von Handel und Gewerbe und zu dem täglich sich steigernden Elend der Bewohner (f. Nr. 70). So war der Zustand Erfurts beschaffen, als Napoleon den Feldzug gegen Rußland begann, der feinem gewaltigen Heere den Untergang brachte (f. Nr. 71). Nach jenem Gottesgericht regte sich auch in den Erfurtern die Hoffnung aus baldige Befreiung vom französischen Joche; doch steigerten sich fürs erste noch ihre Mühsale. So mußten sie im Sommer 1813 bei der stärkeren Befestigung der Stadt tüchtig mit Hand anlegen und für die Besatzungstruppen den nötigen Proviant besorgen, eine Aufgabe, deren Erfüllung durch die fortwährenden Nachforderungen fast unmöglich gemacht wurde (f. Nr. 73 u. 74). Endlich wurde in Leipzigs Ebenen die große Schlacht geschlagen, die Deutschland von der Fremdherrschaft befreite, und die Erfurter sahen am 20. Oktober und in den folgenden Tagen das vorher so stolze und siegprnnkende Heer aus dem blutigen Kampfe in furchtbarster Zerrüttung zurückeilen. Nur die persönliche Anwesenheit Napoleons in Erfurts Mauern verhütete es, daß die Stadt ein Opfer der Plünderung und Zerstörung wurde (s. Nr. 75). Kaum hatte sich der Kaiser mit den hier gesammelten Truppen entsernt, als das preußische Heer vor der Stadt erschien und sie einschloß. Am 6. November beschossen die Batterien der Verbündeten von der Schwedenschanze aus die Stadt, wodurch ein beträchtlicher Schade angerichtet wurde. Ueber 120 Gebäude, darunter auch das prächtige Peterskloster, wurden ein Raub der Flammen (s. Nr. 76 u. 77). Bald daraus wurde die Stadt von den Franzosen aufge- geben. Der französische Statthalter, General d'alton, hielt es

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 194

1911 - Erfurt : Keyser
— 194 — seurs, die den Kaiser mit lautem „Vive Vempereur“ begrüßten. Es war eben 12 Uhr mittags. Bald darauf ritt Napoleon, begleitet von seinen Marschällen, einigen Generalen und seinem Leib-memelucken (Leibwächter) nach dem Gouvernement zurück. Napoleon empfängt den Kaiser Alexander: Eine Stunde später fuhr er in einem achtspännigen, prächtigen Staatswagen, dem noch verschiedene andere folgten, zum Krämpfertore hinaus, wo sich die Truppen auf den hinter dem Schwemmbache^) liegenden Stoppel- und Brachfeldern übten. Es galt, den ankommenden Kaiser Alexander von Rußland würdig zu empfangen. Napoleon, der aus seinem Wagen gestiegen war, ging, während sich die Truppen ordneten, auf und nieder. Plötzlich aber schwang er sich aufs Pferd, galoppierte die bei Linderbach liegende Anhöhe hinauf und verschwand. — Jetzt fiel ein Kanonenschuß — „die Kaiser kommen!" erklang's durch die Reihen der Truppen und der zahlreichen Volksmenge, die das Feld bedeckten. Mehrere Kanonenschüsse, die oben auf der Anhöhe donnerten, verkündigten die Annäherung der beiden Kaiser. — Die Feldmusik rauschte über das weite Brachfeld, die Trompeten der Kürassiere und Husaren schmetterten, und in der Ferne sah man den Zug der beiden Kaiser die Anhöhe herabkommen. Sogleich eilte der größte Teil der auf dem Felde Anwesenden nach der Stadt zurück, und es dauerte kaum einige Minuten, so kam der Zug unter dem unaufhörlichen Donner der Kanonen beider Festungen, dem Geläut aller Glocken und dem Jubelgeschrei der Truppen und der Volksmenge zum Krämpsertor herein. Die beiden Kaiser ritten nebeneinander, Alexander zur Linken Napoleons. Auf dem Anger, in der Nähe des Triebelschen Hauses, der heutigen Kommandantur, das dem Kaiser Alexander während der Zeit des Kongresses zur Wohnung bestimmt war, herrschte ein unbeschreibliches Gedränge, zumal sich hier die zurückgekehrte Kaisergarde und sämtliche andere Truppen in Parade ausgestellt hatten. Die Kaiser stiegen vom Pferde und traten Hand in Hand ins Haus, vor welchem zwei riesige Schilderhäuser für die Kavalleriewachten aufgestellt waren. In dem glänzenden Gefolge des Zaren befanden sich sein Bruder, der Großfürst Konstantin, der Herzog von Weimar mit dem Erbprinzen und zahlreiche Generale. Die festlich erleuchtete Stadt: Als der Abend dieses er- eignisreichen Tages hereinbrach, hüllte sich die Stadt in ein glänzendes Lichtmeer. Man wetteiferte mit der Anbringung von Dekorationen und Transparenten (Leuchtbildern). Am meisten tat sich hervor die Freimaurerloge, die ihr ansehnliches Gebäude auf dem Roßmarkte (Herrmannsplatz) mit drei überlebensgroßen Trans- !) Damals mündete der Schwemmbach, der um die Ostseite der Stadt führte, nördlich vom Johannestor in die Gera.

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 199

1911 - Erfurt : Keyser
— 199 — Fenster des Geleitshauses bis auf eins, das heule noch vermauert ist, wieder geöffnet wurden. Verlauf eines Tages: Am Tage sah man niemand arbei- ten, nur die Sekretäre der Minister waren anscheinend mit Abschreiben beschäftigt. Die Tagesstunden schienen ausschließlich dem Vergnügen gewidmet zu fein. Gegen 9 Uhr vormittags fuhren die Herrschaften zur Audienz beim Lever (Morgenauswartung) der beiden Kaiser, und der Rest des Vormittags verstrich unter wechselseitigen Besuchen. Bei der Tafel kamen die Monarchen öfter mit Napoleon zusammen, bei welchem in der Regel nur der Kaiser Alexander speiste. Nach 7 Uhr abends begaben sich die beiden Majestäten und die meisten der anwesenden Großen ins Theater. — Nach Schluß desselben begleitete Napoleon den russischen Kaiser zur Wohnung, wo dann bei verschlossenen Türen oft bis *2 oder 3 Uhr nachts Verhandlungen gepflogen wurden. Häufig kamen auch die Kaiser zur Nachtzeit auf dem Gouvernement zusammen, und die wichtigsten Besprechungen wurden tun diese Zeit gehalten, so daß die Sekretäre der Minister selten vor 5 Uhr morgens zu Bett kamen. Napoleon und die Fürsten: So spielte sich der geschäft- liche Teil des Kongresses tief in der Nacht ab. Während der Erfurter Bürger längst in den Federn lag, wurde in den Mauern feiner Stadt über die Geschicke Europas bereiten und von den mächtigsten Herrschern ein Bündnis geschlossen, ohne daß auch nur das Geringste davon in die Oeffentlichkeit drang. Nur so viel war auch dem Nichteingeweihten klar, daß die einzigen handelnden Personen die beiden Kaiser waren. Die erst auf ihren eigenen Wunsch hinzugezogenen deutschen Fürsten bildeten den glänzenden Hintergrund, von dem die Figur Napoleons sich um so wirkungsvoller abhob. Nur ein deutscher Fürst stand Napoleon näher und wurde von ihm bei jeder sich darbietenden Gelegenheit ausgezeichnet: der König von Sachsen. Den übrigen deutschen Fürsten trat Napoleon mehr oder weniger kühl-höflich und zurückhaltend gegenüber. Für sie war der Besuch des Kongresses, dem sie, ohne den Gewaltigen zu erzürnen, nicht sern bleiben konnten, keine Annehmlichkeit. Hierfür sei ein Beispiel aufgeführt. Napoleon hatte Befehl erteilt, daß die Hauptwache nur bei feinem und des ruffifchen Kaisers Erscheinen ins Gewehr treten solle. Eines Tages kommt ein König mit seinem Gefolge auf die Hauptwache zu, der Wachtposten, sei es, daß er feine Anweisung nicht genau kannte oder daß er unsicher geworden war, ruft die Wache heraus. Die Soldaten eilen an die Gewehre. Doch der französische Wachtoffizier erkennt mit einem Blick den Irrtum und brüllt den Wachtposten an: „Taisez-vous, ce n’est qu’un roi!“ Die Soldaten fetzen die Gewehre wieder hin und verschwinden im Wachtgebäude; die bereits

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 206

1911 - Erfurt : Keyser
— 206 — Rußland. Unter ihnen war manches neugebildete Regiment, das fast nur aus Deutschen bestand. Die ersten Rückzügler: Es dauerte nicht lange, so trafen die ersten Siegesnachrichten vom Kriegsschauplätze ein. Sie wurden durch Anschlag den Erfurtern bekannt gegeben. Gleichzeitig kehrten aber schon recht geschwächte Regimenter aus Polen und Rußland zurück, und mit den ersten russischen Gefangenen kamen die ersten französischen Verwundeten hier an. Bald aber mehrte sich ihre Zahl von Tag zu Tag. Auf allen Straßen konnte man ihr Stöhnen und Seufzen hören. Die Bürger aber eilten hilfsbereit mit Brot und Wein herbei, um die Armen zu erquicken. Doch trotz der Pflege starben viele am Wundfieber, da sie ohne richtigen Verband ihrer Wunden nach hier gebracht worden waren. Infolgedessen nahm die Sterblichkeit in der Stadt überhand; besonders das Nervenfieber forderte Opfer in großer Zahl. Napoleon in Erfurt: Am 15. Dezember 1812 kam der erste Kammerherr Napoleons, General von Montesquieu, hier durch. Er brachte die Nachricht, daß der Kaiser die Russen geschlagen und 12 Kanonen, 8 Fahnen und 9000 Gefangene erbeutet habe. Die Fahnen führte er bei sich im Schlitten, um sie der Kaiserin nach Paris zu bringen. An demselben Tage traf aber noch ein anderer Schlitten hier ein. Eine Stunde später hielt auf dem Anger vor dem Gasthause „zum römischen Kaiser" eine recht schmutzige Reisekutsche, welche auf Kufen stand. Ihr entstieg ein Mann, der sich Herzog von Tarent nannte. Doch als sich sein Pelzkragen verschob, erkannte man, daß es der Kaiser selbst war. Den glänzenden Siegesnachrichten des kaiserlichen Kammerherrn war somit wenig zu trauen. Jammer und Elend der Flüchtlinge: Im neuen Jahre erfuhr man auch bald die reine Wahrheit. Die zurückkehrenden Reste der großen Armee, ungeordnete Hausen aus allen Truppengattungen und Völkern, erzählten mit Schaudern von dem großen Brande Moskaus, von der entsetzlichen Kälte auf Rußlands Gefilden, von dem quälenden Hunger, den fortwährenden Ueberfäl-len der Kosaken und dem Schrecken der Schrecken, dem furchtbaren Uebergang über die Beresina. Die Menge der zerrissenen und zerlumpten, blinden und lahmen, einarmigen und einbeinigen Soldaten, welche die Stadt und ihre Umgebung aufsuchte, bot einen bejammernswerten Eindruck. Was jeder von ihnen gefunden hatte, trug er um Kopf und Schultern gehängt als Hülle gegen die markzerstörende Kälte: alte Sacke, zerrissene Pferdedecken, Teppiche, Schals, frisch abgezogene Felle von Katzen und Hunden. Kaum einige hatten noch einen Helm oder Tschako. Zumeist trugen sie bunte und weiße Bauernnachtmützen tief in das Gesicht gezogen und ein Stück Tuch oder Pelz zum Schutze der Ohren darüber geknüpft. Schuhe und Stiesel waren ebenso selten. Glücklich war schon der, welcher den Marsch in Filzsocken oder

10. Von der französischen Staatsumwälzung bis zur Gegenwart - S. 24

1909 - Leipzig : Hirt
24 It. Frankreich als Kaiserreich. angeschlossen hatte, besuchte er König Friedrich Wilhelm Iii. in Potsdam und veranlaßte ihn, der Koalition beizutreten. Es kam darüber ein Vertrag mit Österreich und Rußland zustande. Der preußische Minister Graf Haugwitz wurde zum Lager Napoleons mit diesbezüglichen Erklärungen entsandt. Der Ausgang der Schlacht bei Austerlitz und Österreichs Waffenstillstand mit Napoleon änderten die Sachlage. Der preußische Minister ließ sich von Napoleon zu dem Vertrage von Schönbrunn bei Wien überreden. Hiernach schloß Preußen ein Bündnis mit Frankreich, trat Ansbach an Bayern ab, Kleve und Neuenburg an Frankreich und sollte dafür Hannover erhalten. Die durchsichtige Absicht Napoleons war, Preußen mit England zu verfeinden. Erst nach langem Zögern gab König Friedrich Wilhelm zu diesem Vertrage unter dem Drucke Napoleons seine Zustimmung und besetzte Hannover. Die Folge war, daß England Preußen den Krieg erklärte und preußische jpcmdels-schiffe, wegnahm. Kurz darauf stellte Napoleon England die Herausgabe Hannovers in Aussicht. Darauf erklärte Preußen an Frankreich 1806 den Krieg. In Süddeutschland standen noch von dem dritten Koalitionskriege her 200000 französische Truppen; diesen konnte Preußen mit einem kleinen sächsischen Hilfsheere zusammen nur 150000 Mann entgegenstellen ;^die russischen Hilfstruppen konnten so rasch nicht zur Stelle sein. So kam es, daß die preußisch-sächsischen Truppen bei Saalfeld, bei Jena und Auerstädt im Gebiete der Saale völlig geschlagen wurden; bei Saalseld fiel der preußische Prinz Ferdinand, ein Sohn des jüngsten Bruders Friedrichs des Großen. Bei Jena befehligte Napoleon selbst die Schlacht gegen den Fürsten von Hohenlohe; bei Auerstädt, an demselben Tage, dem 14. Oktober, Marschall Davoüt gegen den Herzog Ferdinand von Braunschweig, der den Feldzug von 1792 angeführt hatte. Der Herzog wurde hier tödlich verwundet. "S" Die regellose Flucht, in der sich die geschlagenen Heere auflösten, verbreitete einen solchen Schrecken, daß die meisten preußischen Festungen ohne Schwertstreich sich den Franzosen ergaben und diese schon am 25. Oktober ihren Einzug in Berlin hielten. Die Festungskommandanten waren meist alte Offiziere, die den neuen Verhältnissen nicht gewachsen waren. Nur Kolberg, Graudenz und die schlesischen Festungen Glatz, Koset und Silberberg behaupteten sich, und Danzig leistete lange Widerstand. Die Königliche Familie floh nach Königsberg. A Napoleon besetzte mit seinen Truppes die preußischen Provinzen recists der Oder, besonders die polnischen Bestandteile Preußens und Rußlands; von den Polen wurden die Franzosen freundlich aufgenommen, sie erhofften eine Wiederherstellung ihres Königreichs durch Napoleon. Im Winter 1807 erschien das russische Hilfsheer. Bei Preußifch-Eylau in Ostpreußen fand eine blutige Schlacht zwischen den Franzosen und den verbündeten Russen und Preußen statt. Einen vollständigen Sieg
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